Basels wahres Parkplatzproblem

Posted on May 31st, 2012, May 31st, 2012 in Uncategorized.

Der Basler Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels tut viel fürs Velo. Sein neuster Streich ist die soeben bekannt gegebene Ausdehnung der Tempo 30-Zonen. Diese befördern die Sicherheit und begünstigen den sogenannten Langsamverkehr, also Fahrräder und Fussgängerinnen. Wobei das Wort Langsamverkehr trügt. Die Zweiräder sind nicht nur in Basel, aber speziell in Basel, die schnellsten Fortbewegungsmittel.

In Zukunft werden Veloparkplätze noch knapper. Und das Problem betrifft nicht nur die Fahrradfahrenden selbst, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmer. Ihnen stehen parkierte Velos schlicht im Weg.

Dabei denke ich nicht an die wachsende Anzahl «Töffs» aller Art (vom Mofa bis zur Bolide), sondern an die ganz normalen Velos: Sie sind günstig in der Anschaffung und gratis bei Steuern und Versicherung. Schnell sind sie vor allem deshalb unterwegs, weil sie zuhause rasch hervorgeholt und am Zielort rasch geparkt sind. Und weil Basel flach ist – mit Ausnahme des Bruderholzes.

Das schnelle Parken macht nicht nur den Zauber des Velofahrens aus – es ist zum Problem geworden. Wir sehen besonders bei schönem Wetter vor lauter Velos die Stadt nicht mehr. Sie sind im Weg und die legalen Parkfelder quellen über: Gestern Mittag beispielswiese, waren am Barfüsserplatz gleich viele Velos in Parkfeldern abgestellt wie nebendran. Diese aus der Not geborenen Sitten greifen auch auf Vespas und schwere Motorräder über, denn das Vergehen wird kaum gebüsst.

Es wäre auch sinnlos, Bussen zu schreiben. Während halb Basel über den Mangel an Autoeinstellhallen klagt, betrifft das wahre Parkplatzproblem die Velofahrer. Das Elisabethen- und das Steinenparking beispielsweise, sind nur wenige Stunden im Jahr, während der vorweihnachtlichen Abend- und Sonntagsverkäufe, voll belegt. Die Parkplatznot der Fahrräder ist hingegen notorisch, vor allem im Sommer.

Zaghafte Projekte, diesem Mangel abzuhelfen, gibt es im Umkreis der Bahnhöfe. In den Zentren der Quartiere und speziell in der Innenstadt dauert das Malaise an. Glücklicherweise will der Kanton das Velowegnetz weiter verdichten. Die Verkehrspolitik möchte zudem Pendlerinnen und Pendler, die etwa aus Lörrach, Oberwil oder Pratteln in die Stadt fahren, mit Hilfe von «Veloautobahnen» zum Pedalen animieren. Denn die eigene Muskelkraft bewegt uns nicht nur gesünder, sondern auch umweltfreundlicher als Tram und Bus, ganz zu schweigen vom Auto.

Das bedeutet: In Zukunft werden Veloparkplätze noch knapper. Und das Problem betrifft nicht nur die Fahrradfahrenden selbst, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmer. Ihnen stehen parkierte Velos schlicht im Weg. Noch dringender als ein neues Autoparking beim Kunstmuseum braucht Basel zusätzliche Parkiermöglichkeiten für Velos – sei es mit doppelt so vielen Feldern an geeigneter Stelle oder durch den Bau attraktiver Veloparkings, auch in der Innenstadt. Nur so bleibt der Langsamverkehr auch in Zukunft Basels Schnellverkehr.

Schulden kommt von selber schuld

Posted on May 24th, 2012, May 24th, 2012 in Uncategorized.

Eva Herzog warnt. Die Basler Finanzdirektorin, die in allen Parteien hohes Ansehen geniesst, rechnete kürzlich vor, wie es um die Zukunft der kantonalen Investitionen steht. Zu «Online-Reports» sagte sie: «Wir sehen (…) eine starke Steigerung der Nettoinvestitionen auf circa 500 Millionen Franken im Jahr 2015. Ab 2016 werden sie sich bei rund 400 Millionen einpendeln – und dies ohne Spitäler.»

Nach der geplanten Senkung der Unternehmenssteuern fehlt Basel das Geld für dringendste Investitionen, zum Beispiel die Sanierung oder den Neubau des Klinikums II (Bild: Keystone). Das widerspricht den Interessen von Bevölkerung und Wirtschaft.

Die anstehenden Investitionen sind allesamt sinnvoll und unbestritten: Die Sanierung der Volksschulen, der Ausbau der Universität und die Weiterentwicklung der öffentlichen Verkehrsmittel sichern die Lebensqualität der Bevölkerung und die Standortattraktivität für die Wirtschaft. Die 400 Millionen Franken pro Jahr reichen aber nur für das Allerdringendste. Schon dafür müsse sich der Kanton neu verschulden, sagte Herzog weiter.

Somit handelt es sich beim heutigen Finanzplan – wenn auch unausgesprochen – um ein Notprogramm. Wie Eva Herzog erwähnt, sind etwa die Spitäler nicht berücksichtigt. Mit anderen Worten: Ein anstehender Neubau oder eine gründliche Renovation des Klinikums II bleibt ohne noch höhere Schulden ausser Reichweite.

Ebenfalls fehlt das Geld für den Neubau des Hafenbeckens 3 und des Terminals Nord, zwei zentrale Projekte der Wirtschaft. Ohne diese Investition bleibt die Idee eines neuen Quartiers auf der Rheininsel und rund um das Dreiländereck ein schöner Traum. Die unterirdische Verlegung der Osttangente, die Vorfinanzierung des Wiesenberg-Tunnels, die Deckelung der Elsässer Bahn und der «Central Park» oder ein modernes Naturmuseum – alles Pläne zum Vergessen.

Die wachsende Bevölkerung braucht neue Wohngebiete, wenn Mietzinse nicht ins Unendliche steigen sollen. Die prosperierende Wirtschaft ist auf Logistik-Plattformen angewiesen. Jeder Franken dieser Investitionen löst beim Gewerbe ein Mehrfaches an Umsätzen aus. Mit der beantragten Steuersenkung fehlten Jahr für Jahr 48 Millionen Franken, um solche Vorhaben zu bezahlen. So würden (in Kombination mit der an sich sinnvollen Schuldenbremse) lebenswichtige Investitionen abgewürgt.

Ein Gemeinwesen, das sich mit eingeschnürtem Brustkorb bewegen muss, droht zu ersticken. Natürlich schauen Firmen auch auf den Preis (also die Steuern), aber ebenso auf die Leistung (also die Infrastruktur). Das Preis-Leistungs-Verhältnis für die Wirtschaft stimmt nicht mehr, wenn Basel nicht mehr investieren kann. Attraktive Kulturangebote, gute Schulen und zuverlässige Verkehrsverbindungen dienen unserer wirtschaftlichen Zukunft besser als ein paar Prozente Steuerersparnisse. Langfristig werden uns auch Eva Herzog und mit ihr die ganze Wirtschaft dankbar sein, wenn wir die Investitionsblockade ablehnen.

Weshalb guter Journalismus links ist

Posted on May 10th, 2012, May 10th, 2012 in Uncategorized.

Markus Somm pflegt das Klischee von den linken Journalisten. Er tut dies nicht ganz zu Unrecht, wie ich gleich erläutern werde. Doch seine Begründung verfängt nicht. In einem ausführlichen Artikel dieses Blattes (BaZ vom 25. April 2012) zeichnete der Chefredaktor ein Zerrbild seiner Zunft. Er beschrieb sie als eine Schar Dilettanten in allen Fachgebieten und verbissene Volksverführer.

Guter Journalismus orientiert sich an traditionell linken Werten: Demokratie, Meinungsfreiheit, Transparenz und Schutz der Minderheiten. Damit sorgt die Publizistik für ausgleichende Gerechtigkeit in der öffentlichen Meinungsbildung. (Bild: Keystone)

Seine These exemplifizierte der Guisan- und Blocher-Biograph an der historischen Figur Friedrich Locher. Dieser «Doktor der Rechte» und «glänzende Autor» habe im 19. Jahrhundert durch giftige und klassenkämpferische Polemiken den Niedergang des Zürcher Industriellen und Tatmenschen Alfred Escher eingeleitet. Fazit von Somms Ausführungen: «Keine Berufsgruppe neigt noch heute in so überwiegendem Masse der Linken zu (…) Liberal sind die Journalisten bloss im Ausnahmefall.»

Natürlich ist ein solches Urteil auch vom Standpunkt des Kommentators geprägt: Wer rechts steht, sieht automatisch die Mehrheit links. Doch ist in der Publizistik – und das mag manche überraschen – die linke Perspektive in erster Linie ein Qualitätsmerkmal.

Den Entrechteten leiht die Publizistin ihre Stimme. Dies entspricht dem journalistischen Ethos. «Die da oben» haben eigene Megaphone. So sah das letzte Woche auf dem Kultursender DRS2 auch Heribert Prantl, Inland- und Ausbildungschef der liberalen «Süddeutschen Zeitung». Guter Journalismus, bestätigte er, orientiere sich an traditionell linken Leitideen: Demokratie, Meinungsfreiheit, Transparenz und Schutz der Minderheiten.

Ist das ein Unglück? Wahrscheinlich nicht. Medienleute sollten unabhängig sein von den Mächtigen in Wirtschaft und Staat. Das versetzt sie in die Lage, unangenehme Fragen zu stellen, Missstände zu enthüllen, Zusammenhänge aufzuzeigen, Fakten einzuordnen und zu gewichten, und zwar ausschliesslich im Dienst der Öffentlichkeit. Der «Blick von unten» ist ihre Berufung und Profession. Deshalb sind die Medien auch als «vierte Gewalt» gefürchtet – und geschätzt.

Während sich an Kapital und Einkommensmaximierung orientierte Studienabgänger eher für eine Manager-Karriere entscheiden, gehen Idealisten, die die Welt verändern wollen, in den Journalismus. Dieser ist – nahe an der Schriftstellerei – oft brotlos und riskant. Mancher Medienmensch ist allerdings in seiner Laufbahn auf den Geschmack gekommen und hat sich ausserhalb des Journalismus hochgedient, ist beispielsweise Mediensprecher eines Konzerns geworden. Und aus dieser Warte sieht die Welt dann oft ganz anders aus.

Seid doch endlich ehrlich!

Posted on May 3rd, 2012, May 3rd, 2012 in Uncategorized.

Die Gesundheitspolitiker finden die Pharmapreise zu hoch, die Industrie verteidigt sie. Nun profiliert sich Innenminister Alain Berset mit hartem Durchgreifen gegen die Pillendreher. Er hat die Krankenkassenprämien im Visier. Novartis, Roche & Co. argumentieren: Die hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung rechtfertigten die Preise.

Im Kampf von Bundesrat Alain Berset gegen die Pharmaindustrie um tiefere Arzneimittelpreise drücken sich alle um die unbequeme Wahrheit. Von mehr Ehrlichkeit auf allen Seiten würden sowohl der bedrängte Wirtschaftszweig als auch die Kunden der Krankenkassen profitieren. (Bild: Keystone)

Welche Seite hat Recht? Keine von beiden. Das wichtigste Argument bleibt unausgesprochen, weil es im Ausland Anstoss erregen würde. Seid doch mal ehrlich: Es geht in erster Linie um die Exporte der Pharmaindustrie, die unter tieferen Inland-Preisen leiden würden. Wie das?

Medikamentenpreise haben mit den technischen Herstellungskosten der einzelnen Packung wenig zu tun. Sie sind künstlich festgelegt. Ins Kalkül fliessen die Forschungs- und Vertriebsausgaben ein, vor allem aber die Marktverhältnisse: Wenn es kein anderes Arzneimittel gibt, das die gleiche Wirkung entfaltet, dann ist eine Impfung oder Pille teuer. Wenn Konkurrenz herrscht, dann kommen die Preise herunter. Die Investitionen müssen nicht pro Medikament, sondern insgesamt wieder zurückfliessen.

Es lohnt sich aus finanziellen Gründen, Medikamente in der Schweiz zu produzieren oder mindestens zu konfektionieren (das heisst abzufüllen, einzuschweissen, zum Verkauf bereit zu stellen). So fällt die grösste Wertvermehrung – vom oft billigen Rohstoff bis zum Verkaufspreis ab Fabrik – in der Schweiz an und somit in einem Tiefsteuerland.

Die Schweizer Pharma-Firmen verkaufen nach eigenen Angaben nur zwei Prozent ihrer Produktion im Inland. Würden sie ihre lokalen Preise um ein Fünftel senken, verlören sie lediglich ein Fünftel von zwei Prozent, also 0,4 Prozent ihres Umsatzes. Halb so schlimm. Schmerzhaft wären jedoch die Auswirkungen auf die Exporte: Keine Regierung akzeptiert Preise, die deutlich höher liegen als im Herkunftsland eines Medikaments. Preissenkungen im Inland würden deshalb auch jene 98 Prozent der Medikamente treffen, die unser Land verlassen: Die Umsatzeinbusse läge dann 20 Mal höher – bei einem Fünftel des Gesamtumsatzes.

Fazit: Eine Preissenkung im Inland würde zwar die Fieberkurve der Krankenkassenprämien leicht dämpfen, als Nebenwirkung jedoch die Gesundheit der Schweizer Pharmaindustrie gefährden. Operation gelungen – Patient gestorben. Die elegante Alternative: Die Schweizer Pharmaindustrie könnte ihre Preise im Inland (und somit auch im Ausland) frei gestalten. Im Gegenzug würde sie Direktzahlungen von 240 Millionen Franken an die Krankenkassen leisten. Um diesen Betrag will Bundesrat Berset die Medikamentenpreise senken. 240 Millionen sind 0,5 Prozent der Pharma-Exporterlöse. Unter dem Strich käme das für alle günstiger als eine Preissenkung der Arzneien. Und die Exportwirtschaft florierte weiter.