Fingerhuths Fehler

Posted on February 21st, 2013, February 21st, 2013 in Uncategorized.

Oft wurde ich im Laufe der kurzen Bauzeit des ikonischen Messeneubaus von Herzog & de Meuron gefragt, was ich von diesem silbernen Riegel am Messeplatz halte. Schon allein die Frageweise verriet jeweils, dass man von mir ein negatives oder gar abschätziges Urteil erwartete, da ich zu den kritischen, an nachhaltiger Entwicklung orientierten Geistern dieser Stadt zähle. Meine Antwort war in diesen Fällen: Erst wenn das Gebäude steht und der Platz gestaltet ist, kann ich zum Ergebnis Stellung nehmen.

Basel bewegt sich mit dem Messeneubau und dem Roche-Turm in eine neue Massstäblichkeit hinein. Und das ist gut so. Denn nur dieses neue Mass wird es uns erlauben, mit dem Boden haushälterisch umzugehen und Platz zu schaffen für nicht kommerzielle und grüne Freiräume.

Jetzt ist es so weit, und ich muss sagen: Der neue Messeplatz gefällt mir. Zauberhaft ist der nächtliche Blick auf den schwarzen Himmel und den Mond durch die runde Öffnung des Neubaus. Der elegante Schwung des Entrées auf beiden Seiten des gedeckten «Foyers» ist einladend und wird sich hoffentlich bald mit Leben füllen. Natürlich passt die Umgebung jetzt noch nicht ganz dazu. Ein konzentrierter Wandel an dieser Stelle schafft jedoch in den kommenden Jahren ein neues Gravitationsfeld: Mit einer Gruppe Hochhäuser, einer aufgewerteten Rosental-Anlage, der fussgängerfreundlichen Clarastrasse und der guten Tram-Erschliessung wird dieser Teil der Stadt endlich ins Zentrum integriert – womit die lange ersehnte Erweiterung der Innenstadt Realität würde.

Genau in diesem Moment meldet sich aus Zürich der ehemalige Basler Kantonsbaumeister Carl Fingerhuth zu Wort. Er prangert sowohl die Messehalle als auch das im Bau befindliche Roche-Hochhaus an der Grenzacherstrasse wegen «fehlender Massstäblichkeit» an. Beide Projekte, erklärte er im Regionaljournal Basel von SRF und später in der NZZ, seien «stadträumlich ein Verlust für Basel».

Carl Fingerhuth hat grosse Verdienste um die Basler Stadtentwicklung und die hiesige Architekturszene. In seiner Wirkungszeit förderte er durch systematische Auftragsvergabe über Wettbewerbe damals noch kleine Büros wie jenes von Jaques Herzog und Pierre de Meuron. Nur weil diese heute Weltstars sind, ist noch lange nicht alles gut, was sie bauen. Und Kritik ist nicht nur erlaubt, sondern erwünscht. Umgekehrt ist es stillos, alles klein zu reden, nur weil es in neue Dimensionen vorstösst und von berühmten Architekten stammt, wie es – leider nicht nur in Basel – üblich geworden ist.

Fingerhuths Fehler ist nicht, dass er sich in die Debatte einmischt. Er sollte es aber dann tun, wenn es noch etwas zu diskutieren gibt. Sobald ein Entscheid gefällt und ein Projekt im Bau ist, wäre es weiser zu schweigen und abzuwarten, wie das Ergebnis aussieht. Natürlich bewegt sich Basel gegenwärtig in eine neue Massstäblichkeit hinein. Das ist auch gut so. Denn nur dieses neue Mass wird es uns erlauben, mit dem Boden haushälterisch umzugehen und im engen Perimeter der Stadt Platz zu schaffen für nicht kommerzielle und grüne Freiräume.

Dieser Beitrag reflektiert die Meinung der Autorin / des Autors und nicht zwingend diejenige der Redaktion.

2 Responses to 'Fingerhuths Fehler'

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  1. paul said,

    February 21st, 2013, 17:18

    interessant hr wiener, dass sie ein loch im dach brauchen, um den mond schön zu finden.
    kritik ist zu jedem punkt wichtig, nach dem motto wer a sagt, muss nicht b sagen. er kann auch a als falsch wiederlegen.

  2. Merz said,

    February 21st, 2013, 21:48

    So, das ist Ihre Meinung, Basel braucht eine neue Massstäblichkeit, ‘Ikonen’bauten und neue ‘Gravitationsfelder’. Sorry, ich habe den Eindruck, bei Ihnen ist irgendein Spuck los, jedoch nicht Architektur. Was sollen diese sinnlosen Begriffe bzgl. der Architektur. Eine Ikone ist ein hoher geistiger malerischer Wert mit Heilcharakter, ein Gravitationsfeld das, was durch die Natur die Erde als Schutzschirm gegen menschenfeindliche, ausserirdische Strahlung umgibt, und Massstäblichkeit ein derart altmodischer Begriff in der Szene, dass man damit bei dinosaurischen Architekturbüros immer noch brutalen Egioismus kaschieren will. Kommen wir zur wirklichen Sache und nicht zur salbungsvollen Rede eines Architekturpredigers. Also soll Basel das erleben, was Weltkriege anderen Städten angetan hat: Zerstörung bis zum Letzten, Übrigbleibsel dürfen z.B. Kirchenreste sein (man schaue sich die Sache an in NYC, also soll unserem Münster so widerfahren werden, ein peinlicher Krater in einer ananym hochgezogenen Turmarchitektur – ein Krieg, eine Explosion von innen, verursacht durch eine demokratieverachtende Architekturgilde, die sich nur selber feiern will. Wer sagt, dass wir diese Stadt zerstören müssen in ihrem einmaligen Ambience, weil der Boden zu knapp sei? Gingen diese eingenartigen Protagonisten eines ‚Baselhattans’ nie 5 Autominuten aus dieser Stadt hinaus und sahen weit herum unbebautes, urbanisierbares Land, in Deutschland, Frankreich, auch im nahe gelegenen, noch etwas unfreundlichen, da kaum erschlossenen Jura? Müssen wir uns derart zubauen lassen, nur weil einst eine Lady Barbara Schneider mit viel gekauftem Schneid das basisdemokratische Grundrecht jedes Schweizer Bürgers bzlg. Mitspracherecht bei der Zonenbebauung aus dem Grundrecht herausgekippt und einer protestierenden Bürgerbewegung damit jegliche Möglichkiet zur Kurskorrektur genommen hat. Diese Worte sind das Gegenstück zu den eigenartigen Lobhudeleien, die unsere gar nicht grossartig beliebten Architekten HdM (denke man an Hamburg-Philharmonie-Magakatastrophe, das BirdsNest in Peking für eine der brutalsten Diktaturen der Welt, den, für die Mitarbeiter, Katastrophenbau Aztelion Allschwil, den Todesbau St.Jakob-Park, den für die Bediensteten ungeeigneten Tertianumbau: also, wo man hinschaut, Probleme .. man MUSS dagegen halten, gegen die Neue Masstäblichkeit des autistischen HdM (vor allem H) – Überheblichkeitsbüros. Selbstinszenierung für Magazine, sicher nicht Nutzbauten für deren Bewohner. Diese Kritik eckt an, klar, tut weh, ärgert, aber kein einziges Wort ist erfunden wie der vorgestellte Artikel Wieners. Ob mein Mut der einzige ist, derart offen auszusprechen, was Stammtischgespräch in Basel ist? Ospel, Vasella, ja heute auch HdM, was die menschliche Dimension verlässt, wird zur Katastrophe für die Gesellschaft, zerstört die Moralität, die uns Schweizer auszeichnete, die unserem Land den Überbegriff ‚Paradies auf Erden’ schenkte. Solche Herren zerstören innert Stunden, was über Jahrhunderte in Fleiss und Bescheidenheit aufgebaut und erhalten wurde.