Theater für Basel

Posted on March 14th, 2013, March 14th, 2013 in Uncategorized.

Basel sucht eine neue Theaterdirektorin oder einen neuen Direktor. Zwar liegt der Entscheid hauptsächlich bei der Theatergenossenschaft, doch fiebert ihm eine breite Öffentlichkeit entgegen. Weshalb? Im besten Fall – und diesen wünschen wir uns alle – prägt die Theaterdirektion den politischen und kulturellen Diskurs und damit die Zukunft Basels wesentlich mit. Dem Dreispartenhaus wohnt das Potenzial inne, uns in ethischen Fragen zu beraten und ästhetische Massstäbe zu setzen.

Nach Jahrzehnten der Importe brauchen wir heute eine neue Theaterdirektion aus Basel oder eine solche, die Basel sehr gut kennt. Denn die Aufgabe des Dreispartenhauses geht weit über Erbauung hinaus. (Bild: Margrit Müller)

Das Theater ist zwar kein Parlament, das mit Ja oder Nein über konkrete Vorlagen abstimmt. Es ist auch kein Medium, das informiert wie eine Zeitung oder das Radio. Aber Aufführungen und Diskussionen, die dort stattfinden, künstlerische Leistungen, die wir bewundern und geniessen oder der Ärger über eine verpfuschte Inszenierung beeinflussen unsere Werte, unseren Blick auf die Welt, mithin unser Selbstbild und somit langfristig auch unser Denken und Handeln.

Am Ende des Tages beeinflusst das Theater – sofern es Erfolg hat – persönliche und politische Entscheide. Wir wählen eine weltoffenere oder eine konservativere Regierung, wir stellen uns für oder gegen den Bau eines neuen Stadtteils, wir unterstützen das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder lehnen es ab, wir votieren für oder gegen die Ecopop-Initiative.

Basel befindet sich an einem Wendepunkt. Das trifft nicht nur auf die Bevölkerungszahl zu, die seit einigen Jahren wieder wächst und dadurch die räumliche Stadtentwicklung prägt. Es steht auch ein demographischer Wandel bevor: In wenigen Jahren werden wir vom durchschnittlich ältesten Kanton zu einem der jüngsten Stände mutieren. Speziell der Anteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Ausbildung sowie der Kinder wird markant steigen. Die weitere Entwicklung der «Life Science»-Branche und damit verbundener Forschungsaktivitäten wird unsere wirtschaftliche, aber auch die soziale Realität umpflügen. Basel wird noch internationaler und entwickelt sich gleichzeitig in eine neue Massstäblichkeit hinein. Was viele Menschen als Chance sehen, macht anderen Angst.

Zu kurz greift in dieser Situation ein Theater, das bloss schöngeistig unterhält oder auf Aktualität reagiert. Die neue Direktion muss vielmehr selbst Themen aufspüren und diese aktiv (und natürlich mit künstlerischen Mitteln professionell) ins Gespräch bringen. Bei aller erwünschten Weltläufigkeit, kommt es in dieser Wendezeit Basels auf das Verstehen und Interpretieren der hiesigen Realität mit intelligent eingesetzten theatralischen Mitteln an. Nach Jahrzehnten der Importe brauchen wir deshalb heute eine neue Theaterdirektion aus Basel oder eine solche, die Basel und die hiesige Gesellschaft von innen wahrnimmt und sehr gut kennt.

Dieser Beitrag reflektiert die Meinung der Autorin / des Autors und nicht zwingend diejenige der Redaktion.

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